Grüner Marshallplan für globalen Klimaschutz

 

 

Der globale Süden muss in großem Stil in erneuerbare Energien investieren. Deutsche Unternehmen und Asset Manager könnten einen zentralen Beitrag leisten – wenn die nächste Regierung die richtigen Weichen stellt.

Das Argument kommt so sicher wie das Amen in der Kirche: Deutschland sei für weniger als zwei Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, argumentieren Regulierungsskeptiker gerne. Unser stärkster Klimaschutz-Hebel sei deshalb, grüne Technologien zu entwickeln und zu exportieren.

Doch diese Argumentation greift zu kurz. Wir können viel mehr, vor allem im Schulterschluss mit unseren EU-Partnern. So könnte ein CO2-Grenzausgleich (der sogenannte „Klimazoll“) dafür sorgen, dass die Preise für klimaschädliche Importe steigen. Das wäre dann für Unternehmen außerhalb Europas ein starker Anreiz, Emissionen zu reduzieren – und damit de facto ein Export ökologischer Standards.

Und es gibt einen weiteren Hebel, der in der politischen Debatte leider noch zu kurz kommt: Deutschland könnte neben Technologie und Standards in großem Stil Kapital exportieren, um Klimaschutz-Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern zu finanzieren. Ersparnisse und Rücklagen gibt es hierzulande und in anderen entwickelten Volkswirtschaften schließlich im Überfluss.

Da liegt es nahe, einen Teil dorthin zu lenken, wo es dringend gebraucht wird. Beispiel Afrika: Mehr als 700 Millionen Menschen sind laut IEA dort noch nicht ans Stromnetz angeschlossen. Dieselgeneratoren sind derzeit die Lösung – wenig Freude für Gesundheit und Natur. Nutzten die Menschen zudem verstärkt Kohlestrom, wäre ein großer Teil der Klimaschutz-Anstrengungen im globalen Norden für die Katz.

Unternehmen: Interesse am globalen Süden wächst

Die gute Nachricht: In vielen Unternehmen wächst das Interesse an Investitionen und Zusammenarbeit im globalen Süden. So suchen Asset Manager angesichts niedriger Zinsen und teurer Aktien nach neuen Zielen. Und quer durch alle Branchen stellen Entscheider:innen wegen des verschärften Systemwettbewerbs ihre Expansionspläne in China auf den Prüfstand – und visieren neue Märkte an.

Das Potenzial für Investitionen ist damit gewaltig. Doch die Parteien haben sich in ihren Wahlprogrammen nur am Rande mit der Frage beschäftigt, wie es sich heben lässt. Zwar wollen die einen die „sozial-ökologische Transformation im globalen Süden unterstützen“, und die anderen die Energiewende in Afrika „in Partnerschaft mit der Wirtschaft vorantreiben“, aber konkrete Vorschläge fehlen weitgehend (siehe WWF-Wahlprogrammcheck). 

Reichstagskuppel in Berlin

Und die dritten wollen die Chance auf zusätzliche Klimaschutz-Erfolge im Ausland gar verschenken: Unternehmen sollten Emissionsminderungen durch Projekte in ärmeren Ländern „auf nationale Klimaziele anrechnen“ dürfen, lautet die Idee.

Statt Klimaschutz zum Nullsummenspiel zu machen, sollte die nächste Bundesregierung lieber CO2-Reduktionen im Ausland fördern. Und zwar, indem sie mit einer Art grünem Marshallplan privates Kapital für Green-Tech-Projekte mobilisiert.

Wie der Staat Investitionsrisiken reduzieren kann

Dazu braucht es insbesondere innovative Instrumente zur Risikoabsicherung. Denn immer wieder erschweren einzelne Aspekte Engagements in fremden Märkten: Fondsmanagement, Kreditprüfung und Controlling senken regelmäßig ihre Daumen, weil Daten fehlen, weil Firmen vor Ort keine Ratings vorweisen können oder weil sie das politische Umfeld als zu fragil einstufen.

Immerhin: Vor der Weltklimakonferenz in Glasgow im November wird endlich verstärkt diskutiert, wie die Politik Risiken privater Investoren absichern kann. An Vorschlägen mangelt es nicht. So könnten europäische Staatsbanken Zinsgarantien für afrikanische „Green Bonds“ aussprechen oder verstärkt Kredit-Fonds für Projekte auflegen, bei denen sie einen Teil des Risikos übernehmen

Manches ist bereits auf dem Weg. So setzt die deutsche KfW verstärkt auf solche „Blended-Finance“-Vehikel. Die Europäische Investitionsbank (EIB) hat einen „regional hub“ im kenianischen Nairobi angekündigt  – auch mit Blick auf Energieprojekte. Und bei der im Juni beschlossenen G7-Initiative zur Infrastrukturfinanzierung in Schwellen- und Entwicklungsländern (Build Back Better World) steht Klimaschutz ebenfalls im Fokus.

Das Fundament ist also gelegt. Die künftige Bundesregierung sollte konsequent darauf aufbauen und dafür sorgen, dass deutsche und europäische Förderbanken klotzen können.

Welches Potenzial der Brückenschlag zwischen dem Kapitalmarkt im Norden und den Ländern des globalen Südens birgt, zeigen einzelne Projekte: Mitfinanziert durch das Geld deutscher Anleger*innen werden beispielsweise Solarcontainer in west-afrikanischen Dörfern installiert.

Kapital-, Technologie- und Knowhow-Export zugleich: Dieses Triple hat das Zeug zur Blaupause im Kampf gegen die Klimakrise – und gegen die Armut.