Auf dem Holzweg nach Paris?

 

 

Bauen mit Holz birgt enormes Klimaschutz-Potenzial. Doch Knappheit und hohe Preise könnten dazu verleiten, von Nachhaltigkeitszielen abzurücken. Dabei gibt es andere Wege.

Für Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber ist Holz ein großer Hoffnungsträger: Durch verstärkten Einsatz könnten wir uns „quasi aus der Klimakrise herausbauen“, meint er. Holz binde Kohlenstoff und biete damit die Chance, Häuser, Wohnungen und Bürotürme in riesige CO2-Speicher zu verwandeln. Treibhausgas in die Wände statt in die Atmosphäre, lautet die Devise.

Zudem ließe sich der Einsatz von Stahl und Zement reduzieren, die den Bausektor zu einem der größten Treibausgas-Emittenten machen. Der Bauablauf lässt sich beim Holzbau außerdem beschleunigen, da viele Teile vorgefertigt werden können. Und nicht zu vergessen: Holz ist ein hervorragender Dämmstoff und als effektiver Bakterienkiller sogar gesundheitsfördernd.

Doch leider steht die Schnellnhuber-Strategie auf tönernen Füßen. Denn Holz ist knapp und teuer: Borkenkäfer in Kanada, Waldbrände in den USA, Abholzbeschränkungen in Deutschland – diese und weitere Faktoren haben für einen starken Rückgang des Angebots gesorgt.

Zugleich steigt die Nachfrage rasant. Denn derzeit laufen zahlreiche Bauprojekte an, die in der Corona-Krise zurückgestellt wurden. Außerdem kurbeln Regierungen in aller Welt mit Infrastruktur-Programmen die Konjunktur an. Im Mai berichteten bereits 43,9 Prozent deutscher Hochbau-Unternehmen von Beschaffungsproblemen (März: 5,6 Prozent).

Klimaschutz durch Holzbau kein Selbstläufer

Die Situation schafft Anreize für Vermieter*innen und Bauunternehmen, auf Holz zu verzichten – oder auf Billiglösungen zu setzen, die ökologisch wenig bringen oder gar kontraproduktiv sind. Denn Klimaschutz durch Holzbau ist keineswegs ein Selbstläufer: Ganz entscheidend ist, wo der Rohstoff herkommt und welche Art von Forstwirtschaft betrieben wird.

Die gute Nachricht: Bauunternehmen und ihre Auftraggeber*innen können mehrere Hebel einsetzen, um trotz Knappheit Holz zu bekommen, hohe Preise zu kompensieren und Klimaschutz-Potenziale auszuschöpfen.

FSC-Logo auf Holzstämmen © N.C. Turner / WWF

Erstens: Förderung sichern. Seit dem 1. Juli gilt die neue Bundesförderung energieeffizienter Gebäude (BEG). Wer energieeffizient baut oder saniert, erhält deutlich höhere Investitions- oder Tilgungszuschüsse . Und mit der im Juni verabschiedeten Novelle des Klimaschutzgesetzes zeichnet sich bereits ab, dass die Mittel weiter aufgestockt werden.

Interessant für die Wirtschaft ist, dass die neue BEG auch für „Nicht-Wohngebäude“ gilt. Damit sind auch für Bürohäuser, Lagerhallen und andere Gewerbe-Immobilien Zuschüsse drin.   

Zweitens: Einkauf optimieren. Ein Argument für die Fusionspläne von Groß-Vermietern sind Synergieeffekte im Einkauf: Wer viel bestellt, kann oft bessere Preise durchsetzen. Während auch Mittelständler von eigenen Kooperationen profitieren könnten, ist insgesamt Vorsicht geboten:

Gestärkte Verhandlungspositionen sollten nicht ausgenutzt werden, um schlicht niedrigere Preise durchzusetzen. Denn wichtig bleibt, wo das Holz herkommt.

Drittens: Sorgfältig wählen. Aus ökologischer Sicht optimal ist heimisches Holz aus naturnaher Waldwirtschaft mit kurzen Transportwegen. Ein Indiz dafür ist ein Siegel des „Forest Stewardship Council“ (FSC): Die Organisation prüft, ob Eigentümer*innen Waldflächen nachhaltig bewirtschaften.

Das Siegel ist aus Sicht von Klimaschützer*innen nur ein Mindeststandard. Wer es ernst meint, sollten deshalb genauer hinschauen und zum Beispiel auf Nadelholz aus Monokulturen verzichten. Denn wir brauchen mehr natürliche Mischwälder – und die kann der Bausektor durch den Einsatz von Laubholz fördern (das bislang jedoch kaum eine Rolle spielt). 

Regulatorischer Druck und Investitionsanreize

Sägemühle © WWF Switzerland / A. della Bella / WWF

Viertens: Druck machen. Damit sich das ändert, sollten Käufer bei Anbietern nachhaken. Zudem ist die Politik gefordert. Denn für mehr Laubholz im Bau müssen neue Produktions- und Logistikketten her. So können viele Sägewerke derzeit kein Laubholz verarbeiten. Ein Mix aus regulatorischem Druck und Investitionsanreizen dürfte nötig sein.

Fünftens: Altes Holz verwenden. Neue Regularien brauchen wir auch, um mehr Holz wiederzuverwenden (siehe dazu die zentralen Hebel zur Stärkung einer Kreislaufwirtschaft in Deutschland). Denkbar wären etwa verbindliche Quoten für den Einsatz von recyceltem Holz.

Unternehmen können jedoch schon jetzt aktiv werden. So checken Dienstleister wie Concular vor Sanierungen oder Abrissen, was wiederverwertbar ist. Außerdem bieten Handelsplattformen wie Restado „zirkuläre Baustoffe“ an (etwa Altholzbretter).

Darüber hinaus gilt es, bei neuen Projekten bereits den Rückbau zu antizipieren – und verstärkt modulare und unbehandelte Bauteile einzusetzen. Dazu können Unternehmen im Rahmen der CEWI-Initiative Pilotprojekte entwickeln. Zudem widmet sich CEWI weiteren Schritten in die Bau-Kreislaufwirtschaft, darunter innovative Immobilien-Nutzungskonzepte.

Denn klar ist: Je länger Holz verbaut bleibt, desto besser funktioniert Schellnhubers Strategie.