Klima-Kennzahlen für Finanzinstitute

 

 

Zur Erreichung von politischen Klimaschutzzielen müssen Unternehmen heute ihr Geschäftsmodell transformieren. Dafür sind umfangreiche Investitionen in klimaschonende Produkte und Technologien notwendig.

Banken, Versicherer und Vermögensverwalter spielen hierbei als Kapitalgeber für Unternehmen eine entscheidende Rolle. Fortschrittliche Finanzinstitute haben sich öffentlich verpflichtet, wesentlich zur Finanzierung einer klimaneutralen Wirtschaft beizutragen. Im Wettbewerb um zukünftige Märkte und Marktführerschaft liegt es auch im Eigeninteresse von Finanzinstituten sich umfassend auf klimaneutrales Wirtschaften auszurichten.

Die Berücksichtigung von Klimaaspekten nimmt mittlerweile bei Kapitalvergaben in der Finanzwirtschaft an Fahrt auf. Hierfür finden insbesondere aggregierte Klima-Kennzahlen auf Portfolioebene Anwendung. Sie sind darüber hinaus zeitlich eher vergangenheitsbezogen oder auf den Status quo orientiert.

Wie kann der Fortschritt eingeordnet werden?

Damit aber Finanzinstitutionen die Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Wirtschaft gezielt unterstützen können, sind insbesondere sektorale bzw. unternehmensscharfe Klima-Kennzahlen mit zeitlich vorausschauendem Charakter notwendig.

Nur mit ihrer Hilfe kann valide abgeschätzt werden, ob bzw. wie zu finanzierende Unternehmen die notwendige Transformation (insbesondere in heute noch stark emittierenden Industriezweigen) in Richtung Kompatibilität mit den Pariser Klimaschutzzielen erreichen. Verwendete Klima-Kennzahlen sollten daher insbesondere auch Antworten auf folgende Fragen liefern:

  • Handelt das zu finanzierende Unternehmen bereits heute im Einklang mit Pariser Klimaschutzzielen?
  • Hat das zu finanzierende Unternehmen einen plausiblen Paris-kompatiblen Transformationsplan? – z. B. Hat das Unternehmen eine angemessene Strategie für notwendige Investitionen in klimafreundliche Technologien und Produkte? Passt die Technologie- und Investitionsplanung zum angestrebten Emissionspfad?

Status Quo: Individuelle Betrachtung ist Fehlanzeige

Im Rahmen des Projektes Pathways to Paris von WWF Deutschland und PWC wurde eine Bestandsaufnahme durchgeführt, welche Klima-Kennzahlen von Finanzinstituten bereits heute für die Abschätzung der Kompatibilität ihrer Kunden mit den Pariser Klimaschutzzielen verwendet werden.
Hierfür wurden ca. 60 Literaturquellen ausgewertet und 12 Interviews mit Finanzinstituten und Ratingagenturen geführt.
Die wesentlichen Ergebnisse sind:

  • Es werden kaum sektorspezifische Klima-Kennzahlen verwendet, mehrheitlich finden sektorübergreifende Kennzahlen Anwendung, hierbei gibt es vier Hauptkategorien: Energie, Emissionen, Management, Finanzkennzahlen. Lediglich in den Sektoren Automobil, Immobilien und Strom werden teilweise sektorale/unternehmensindividuelle Kennzahlen mit Fokus auf Treiber von Emissionen der finanzierten Unternehmen (z.B. eingesetzte Technologien, Materialen) verwendet.
  • Die wesentlichen Anwendungsbereiche bisher verwendeter Klima-Kennzahlen sind Risikobewertung und Erfüllung von Offenlegungspflichten.
  • Meist finden Klima-Kennzahlen auf Portfolio-Ebene Anwendung (Kredit-Portfolio, Wertpapier-Portfolio).
  • Meist findet eine Auslagerung/Fremdbezug von Klima-Kennzahlen statt, hierbei mangelt es oft an qualitativen Standards, die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Anbietern ist stark eingeschränkt, die angewandten Methoden zur Ermittlung von Klima-Kennzahlen sind nicht immer transparent (black box).
  • Die Datenerhebung bzw. -verfügbarkeit von Klima-Kennzahlen von finanzierten Unternehmen wird als große, sektorübergreifende Herausforderung betrachtet.
  • Es gibt einen hohen Bedarf an sektoralen bzw. unternehmensindividuellen, zukunftsgerichteten Klima-Kennzahlen für eine höhere Effektivität und Effizienz der Klimabewertung und Risikosteuerung von zu finanzierenden Unternehmen.

Zukünftig rücken sektorspezifische Perspektiven in den Fokus

WWF Deutschland und PWC setzen an diesen Leerstellen an, und erarbeiten im Projekt Pathways to Paris im Austausch mit Unternehmen aus zehn realwirtschaftlichen, emissionsintensiven Sektoren Klima-Kennzahlen, die eine Abschätzung der Kompatibilität ihrer Unternehmensstrategie mit den Pariser Klimaschutzzielen unterstützen. Diese werden schließlich mit teilnehmenden Finanzmarktakteuren diskutiert und von ihnen getestet, sodass die Anwendbarkeit der entwickelten Klima-Kennzahlen sichergestellt ist.

Die entwickelten Kennzahlen decken grundlegend zwei Dimensionen, sowohl mit Blick auf den Status quo als auch zukunftsgerichtet, ab:

  • sektorübergreifende Kennzahlen, die die Verankerung von Klimaschutz im Management eines Unternehmens (z.B. Zuständigkeiten, Anreize, Strategien, Ziele) überprüfen, und
  • sektorspezifischen Kennzahlen, die den Fokus auf die sektorspezifischen Treiber von unternehmerischen Emissionen (z.B. eingesetzte Energieträger, Technologien, Materialen) legen.

Mit diesen Klima-Kennzahlen können Finanzinstitute den Hebel der Kapitalvergabe gezielter für die Transformation der Realwirtschaft einsetzen und das Projekt Pathways to Paris leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele.